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Netze + Speicherung
Kritische Würdigung des ÖNIP – Teil I

Der integrierter österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) soll die Energie-infrastrukturplanung von projektorientierten Ansätzen hin auf eine übergeordnete, strategische Ausrichtung „heben“ – in anderen Worten, es werden bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Infrastruktur die Wechselwirkungen und Synergien zwischen den Energieträgern und den Verbrauchs- sowie Erzeugungssektoren nutzbringend verwertet.

17.02.2025

Die für den ÖNIP getroffenen Grundannahmen sind: a) die Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 (100% national bilanziell erneuerbarer Strom in 2030), b) die Modernisierung der Energieinfrastruktur hinsichtlich nachhaltiger und kontinuierlicher Versorgungssicherheit, c) die kosteneffiziente Umsetzung der Energieinfrastruktur, d) die Koordinierung des Netzausbaus mit dem Ausbau von Anlagen zur Speicherung von Erneuerbarem Strom und Gas  - bei Berücksichtigung der nationalen Strom- und Gasinfrastrukturpläne), e) die strategische Umweltprüfung zur Einhaltung ökologischer Kriterien.

Der vorliegende ÖNIP enthält offensichtlich einige (schwerwiegende) Bugs die hier nachstehend kritisch gewürdigt werden sollen. Diese sind - vorläufig:

Aus der Aufgabenstellung wird ersichtlich, dass der ÖNIP die Rahmenbedingungen für milliardenschwere zukünftige Investitionen stellt - somit von erfahrenen Experten entworfen und begleitet werden muss. Vertröstungen/Verweise auf verbesserte Versionen des ÖNIP – welcher alle fünf Jahre zu erstellen ist - auf einen späteren Zeitpunkt gefährden die Zielerreichung (Klimaneutralität 2040) und erhöhen wahrscheinlich die zusätzlichen Investitionserfordernisse. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der knappen Zeitspanne bis zum gesetzten Klimaneutralitätszeitpunkt. Investitionen in Energieinfrastruktur bedürfen langer Vorlauf- und Ausführungszeiten – siehe „Salzburg“ E-Leitung. Eine Aufnahme einer schwerwiegenden Investition im nächsten oder gar übernächstem ÖNIP 2027-2028/2032-2033 könnte viel zu spät sein.

Unter 2.3.3, „Gas Infrastruktur“ Seite 31, wird im ÖNIP ausgeführt, dass die Erdgasimportleistung aus der Slowakei zur Station Baumgarten 1,5 GW beträgt. Dies ist nicht korrekt - tatsächlich weist diese Leitung eine Importleistung von 65 GW auf - also um den Faktor 43 mehr. Leider handelt es sich nicht um einen Flüchtigkeitsfehler, sondern um einen mehrfachen Umrechnungsfehler da die Exportleistung nach Italien und auch in die BRD ebenfalls nicht korrekt umgerechnet wurde.
Die Leistung nach Italien beträgt nicht 1,1 GW, (siehe S. 32 des ÖNIP) sondern 48 GW und in die BRD anstatt 0,5 GW ca. 25 GW (siehe ebenfalls S. 32 des ÖNIP) - falls man alle Export- und Importmöglichkeiten korrekt addiert. Die angegebenen 1,5 GW Leistung in Baumgarten würden ein Importvolumen von ca. 13 TWh/Jahr ermöglichen. Österreich alleine braucht schon ca. 75 TWh/Jahr (im Marktgebiet Ost). Vom ehemaligen enormen Transit aus der Slowakei über Baumgarten nach Italien (bis zu 270 TWh/Jahr) ganz zu schweigen. Die angegebenen Exportleistung von 1,1 GW nach Italien würde Exporte in der Höhe von 9,5 TWh/Jahr anstatt der 270 TW/Jahr  ermöglichen.
Wenn man inkorrekte Daten in Modelle eingibt können – verständlicherweise - unrichtige Resultate die Folge sein.

Anscheinend haben sich auch in Abb. 60 (Stromerzeugung Sommer 2030) Seite 117 und Abb. 61 (Stromerzeugung Sommer 2030) Seite 118, Fehler eingeschlichen:
 

Hier sind für den Sommer ca. 7-8 GW und für den Winter ca.4 GW an Laufwasser-Stromproduktionsleistung ausgewiesen. Der Ausnutzungsgrad für Laufwasser in Ö beträgt im Sommer ca. 60% und im Winter ca. 40% (im Durchschnitt !).
Die Ableitung dieser Zahlen zieht nach sich, dass wir im Jahr 2030 bereits ca. 11,4 GW an Laufwasserleistung (statt derzeit 5,9 GW) installiert haben würden. Es ist zu befürchten, dass hier Laufkraftwerke, Speicherkraftwerke und Pumpspeicher einfach addiert wurden. Als Vergleich siehe: https://markttransparenz.apg.at/de/markt/Markttransparenz/erzeugung/installierte-leistung  Die Darstellung in den genannten Grafiken – basierend auf den darauf zugeordneten Daten - führt alleine im Sommerquartal zu einem Fehler von mind. 6 TWh (Base Band).
 

 In Abb. 84 „Stromerzeugung Szenarien InfaTrans2040 und NIP Szenario“ S. 156, wird die durch Wasserkraft erzeugte Strommenge im Jahr 2030 im NIP Szenario mit ca. 52 TWh/Jahr ausgewiesen – siehe eingefügte Grafik.

Wenn man von den durch Wasserkraft erzeugten 52 TWh/Jahr im Jahr 2030 im NIP Szenario, die durch Pumpspeicher erzeugte Strommenge in der Größe von ca. 12 TWh/Jahr abzieht dann gelangt man zu einer durch Laufwasserkraftwerke erzeugten Strommenge von ca. 40 TWh/Jahr. Derzeit werden ca. 27 TWh/Jahr mittels Laufkraftwerken erzeugt. Die angenommene, zusätzlich erzeugte, Menge von 13 TWh/Jahr (= 40 - 27) entspräche in etwa 13 - 14 Donaukraftwerken in der Größenordnung Freudenau. Wie das bis 2030 bewerkstelligt werden kann erschließt sich mir nicht. Die durch Pumpspeicher erzeugte Strommenge im Jahr 2030 im NIP Szenario ist aus nachstehend eingefügter Grafik, welche in der Erstversion des ÖNIP (Abb. 74 auf S. 109) enthalten war und zur Konsultation vorgelegt wurde, ersichtlich. 

Trotzdem die oben dargestellten Unstimmigkeiten in der Konsultationsphase rechtzeitig den Autoren gemeldet wurden, wurden diese wahrscheinlichen Bugs leider nicht im ersten ÖNIP ausgebessert.
 

Fortsetzung folgt.