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A tutto gas
„Die Zukunft der Gasnetze in Österreich“ – Fazit

Am 18.2.2025 hat die E-Control die sehr gut besuchte und ausgezeichnet organisierte Veranstaltung (ca. 450 Teilnehmer – inklusive der Online-Teilnehmer) mit dem Titel „Die Zukunft der Gasnetze in Österreich“ abgehalten. Wie lauten die Schlussfolgerungen und gibt es hinreichende Lösungsansätze?

von Alfred Schuch
19.02.2025

In den spannenden Präsentationen wurden die Herausforderungen, nämlich die stark steigenden Tarife für die Nutzung der Erdgasnetze und die daraus resultierenden, bedeutend höheren, Kosten für die Industrie, Stromerzeugung aber auch Haushaltskunden herausgearbeitet und die daraus abgeleiteten Konsequenzen dargestellt. Die starken Erhöhungen der Tarife resultieren einerseits aus dem stetig sinkenden Erdgasverbrauch in Österreich bedingt durch:

  • den Krieg gegen die Ukraine und den daraus resultierenden signifikant höheren Energiepreisen – vorwiegend Erdgas,
  • den verstärkten Einsatz der Renewables in der Stromerzeugung dadurch weniger Bedarf nach Erdgas für die Stromerzeugung,
  • Effizienzsteigerungen im Energiesektor – sowohl in der Industrie als auch in den Haushalten,
  • thermische Gebäudesanierungen,
  • Einbau von Wärmepumpen und Holzpelletsheizungen anstatt Gasthermen,
  • die derzeit schwache Konjunktur 

andererseits durch den Entfall des Transits nach Italien. In anderen Worten, die Anzahl der Kostenträger – sprich verbrauchte Energiemenge (teilweise auch erforderliche Leistung) sinkt sehr stark, während die jährlichen Kosten (OPEX und Kapitalkosten) steigen. Diese „toxische“ Mischung führt zu stark steigenden Tarifen. 

Nachdem Österreich sich zum Ziel gesetzt hat bis 2040 klimaneutral zu werden, wird der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen forciert und im Erdgassektor sollen die Gasnetze teilweise stillgelegt werden. Dies hinsichtlich Zeitachse vorrangig auf der Netzebene 3 (Stadtgebiet und Ortsnetzversorgung) da ja die Fernleitungen weiterhin für den Transit genutzt werden (die Nachbarländer wollen erst später die Klimaneutralität erreichen) und danach teilweise in Wasserstofftransportnetze umgewidmet werden sollen – samt den erforderlichen Adaptionen und den daraus resultierenden Investitionserfordernissen. Richtigerweise wurde auf die Erdgasnetztransformations- und -stilllegungserfordernisse hingewiesen. Wissend, dass die Begriffe Gasnetzrückbau und Gasnetzstilllegung sehr oft synonym verwendet werden, herrscht unter Experten Klarheit hinsichtlich des 13-20 Mrd. € (40 000 km langes Netz auf der Netzebene 3) schweren Unterschieds zwischen Gasnetzrückbau und Gasnetzstilllegung – zu Ungunsten des Gasnetzrückbaus. Im Rahmen eines Gasnetzrückbaus würden die Rohrleitungen ausgegraben und entfernt werden während bei der Gasnetzstilllegung die Erdgasrohrleitungen „lediglich“ mit Stickstoff gespült, aufgefüllt und versiegelt werden – somit Großteils im Erdreich belassen werden.

Die beschriebene „toxische“ Mischung aus steigenden Kosten und der signifikant abnehmenden Anzahl der Kostenträger würde in letzter Konsequenz dazu führen, dass eine „Handvoll“ Letztkunden im Jahr 2039/2040 die gesamten Kosten des Gasnetzes tragen – also „astronomisch“ hohe Tarife bezahlen müssten. Der Vertreter der AK sprach von einer Erhöhung der Tarife um den Faktor 13 bis 2039. Diese hohen Tarife wären für den Industriestandort Österreich schwer bis gar nicht verkraftbar – so wie auch in Deutschland und anderen EU-MS. Deswegen wird händeringend nach Lösungen gesucht – bisher ohne überzeugende Ergebnisse. Die vorgesehene Umwidmung der Erdgasnetze in Wasserstofftransportnetze soll auf der Fernleitungsebene sowie der Netzebene 1 erfolgen da für die Haushalte und Gewerbetreibenden – also Netzebene 3-Kunden - nicht ausreichend grüner Wasserstoff – schon gar nicht zu einem leistbaren Preis – rechtzeitig zur Verfügung stehen wird. 

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass in parallel die Leistungen der Stromleitungen, bedingt beispielsweise durch den erhöhten Einsatz von Wärmepumpen, Elektrolyseuren, Einspeisung der Renewables etc. sehr stark erhöht werden muss – somit in dieser Richtung auch sehr hohe Investitionen anstehen. Der Einsatz von Biomethan kann teilweise helfen jedoch sollte in dieser Richtung die Erzeugung von Biomethan in zentralisierten Anlagen angedacht werden da anderenfalls die Investitionen für die Anschlussleitungen samt daraus resultierenden jährlichen Kosten sehr hoch wären bzw. bestehende, weit überdimensionierte, Rohrleitungen – samt daraus folgenden Kosten – über weite Distanzen benutzt werden würden und diese Rohrleitungen somit nicht stillgelegt werden könnten. Wenn man davon ausgeht, dass es auch Sektoren gibt die auch mittels Einsatzes von grünem Wasserstoff nicht dekarbonisiert werden können, wie beispielsweise Müllverbrennungsanlage, Zementerzeugung etc., somit ein CO2-Transportnetz – samt Abscheideanlagen und (Zwischen) Speichermöglichkeiten erforderlich wird, dann sieht man, dass auf Österreich – als auch auf die anderen EU-MS sehr hohe Investitionen zukommen. Dies auch aus dem Blickwinkel, dass die NATO-Staaten ihre Investitionen in die Landesverteidigung dramatisch erhöhen werden (Deutschland soll den Anteil der Landesverteidigung am BIP von 2% auf > 3% erhöhen. Jeder Prozentpunkt Erhöhung in Deutschland resultiert in Kosten von 45 Mrd. €.  Falls Österreich nicht Trittbrettfahrer spielen will und kann, würde in Österreich jeder Prozentpunkt Erhöhung des Anteils der Landesverteidigung am BIP ca. 4,5 Mrd. € ausmachen – dies in Zeiten von klammen Kassen des Staates. Hier ist das Sprichwort „Guter Rat ist teuer“ eher harmlos und sollte ersetzt werden durch „Guter Rat ist sehr sehr teuer und dringend notwendig“.